(Auszug aus dem Anhang zur Oberbauvorschrift Ziffer 24 (AzObv 24) aus "Reichsbahnweichen und Reichsbahnbogenweichen" von Prof. Fr. Hartmann, zweite verbesserte Auflage von 1952)

Durchfahrende Züge

In Fahrstraßen, die von durchfahrenden Zügen benutzt werden (Weichenbögen in durchgehenden Hauptgleisen), sind die Weichen so zu wählen und anzuordnen, daß die größte zulässige Streckengeschwindigkeit auch bei der Fahrt durch die Weichen beibehalten werden kann; wenn dies nicht zu erreichen ist, so ist eine möglichst hohe zulässige Geschwindigkeit anzustreben.

Einfahrende Züge

In Fahrstraßen, die von einfahrenden Zügen benutzt werden, die in dem Bahnhof halten, sind die Weichen so zu wählen und anzuordnen, daß folgende Geschwindigkeiten zulässig sind:

  1. für einfahrende Reise- und Güterzüge mit beliebiger zulässiger Streckengeschwindigkeit nach Möglichkeit v=60 km/h
  2. für einfahrende Züge mit einer zulässigen Streckengeschwindigkeit
    • bis 60 km/h mindestens v=40 km/h
    • über 60 bis 80 km/h mindestens v=50 km/h
    • über 80 km/h mindestens v=60 km/h
  3. In Bahnhöfen, auf denen sämtliche Züge halten (z.B. Kopfbahnhöfe), genügt für die Weichenbögen, die nicht mehr als 300m vor dem Bahnsteig liegen, auch in dem letzten Falle v=50 km/h

Die Bestimmungen 1. und 2. gelten auch für solche Fahrstraßen, durch welche die Züge nicht planmäßig einfahren, aber abweichend von der Bahnhofsfahrordnung einfahren können, und zwar unter Beschränkung auf die beiden ersten abzweigend befahrenen Weichen. Für die zweite Weiche gilt dies aber nur dann, wenn sie in der Nähe der ersten liegt.

Ausfahrende Züge

  • Für ausfahrende Züge , die in dem Bahnhof gehalten haben, sollen folgende Geschwindigkeiten zulässig sein: nach Möglichkeit v=50 km/h, besonders dann, wenn die Weichenbögen stark befahren werden.
  • Liegen Weichen so weit von der gewöhnlichen Haltestelle des Zuges entfernt, daß in ihnen
    1. Geschwindigkeiten über 60 bis 80 km/h erreicht werden können, so gilt mindestens v=50 km/h .
    2. Geschwindigkeiten über 80 km/h erreicht werden können, so gilt mindestens v=60 km/h.

Anmerkung:
Die Weiche 49-760-1:14 wird bei der Deutschen Bundesbahn seit 1958 angewendet. Schon in der Epoche 3 wurden viele Gleisverbindungen zwischen durchgehenden Hauptgleisen mit diesen Weichen (für 80 km/h im Zweiggleis) modernisiert. Die Weiche 49-760-1:14 wird seither so verwendet, wie es unten, gemäß dem Auszug aus der "Zusammenstellung von Richtlinien für das Entwerfen von Bahnhanlagen" von 1982 bis 1992 möglich ist.

Verschiebefahrten im untertieften Zweiggleis

Im untertieften Zweiggleis einer Außenbogenweiche, das nur zu Verschiebefahrten benutzt wird, muß mindestens v=25 km/h zulässig sein.

Verteilungsweichen

In den Hauptverteilungsweichen am Ablaufberg von Verschiebebahnhöfen sollen die Weichenbögen möglichst den Halbmesser von 300m erhalten, wenn sie täglich von mindestens 500 Wagen befahren werden.

In allen übrigen Fällen sind Weichen vom Grundhalbmesser 190m zu verwenden.

Anmerkung:
Die Weiche 49-215-1:4,8 wird bei der Deutschen Bundesbahn seit 1953 angewendet. Siehe unten "Zusammenstellung von Richtlinien für das Entwerfen von Bahnhanlagen".

Steilweichen und Doppelweichen sind nur dann zu verwenden, wenn derselbe Zweck mit Regelweichen nicht annähernd zu erreichen ist. In durchgehenden Hauptgleisen sind sie zu vermeiden.

Kreuzungsweichen in durchgehenden Hauptgleisen sind zu vermeiden und in einfache Weichen aufzulösen, wenn dies ohne besondere Kosten möglich ist.

Wegen der Schwierigkeiten bei der Beschaffung und Vorrathaltung sind Kreuzungen nur mit Regelneigungen zu verwenden. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung des Eisenbahnzentralamtes. Doppelte Gleisverbindungen (Weichenkreuze) sind zu vermeiden. Wenn dies nicht möglich ist, sind Neigungen und Gleisabstände so zu wählen, daß die Herzstückspitzen sich nicht gegenüberliegen.

Federweichen sind den Gelenkweichen vorzuziehen. Sie sind deshalb überall dort einzubauen, wo ihre Umstellbarkeit nicht wesentlich behindert ist.

Als Schutzweichen dürfen nur Weichen mit 190m Grundhalbmesser verwendet werden. Gegebenenfalls als Außenbogenweichen mit ausreichend großem für den von Zugfahrten benutzten Weichenstrang.

Wahl der Weichen (1982 bis 1992)

(Auszug aus der Zusammenstellung von Richtlinien für das Entwerfen von Bahnanlagen sowie Tabellen und Formeln. Eisenbahn- Fachverlag Mainz 1982 bis 1992)

Bei der Wahl der Weichen sollen folgende Grundsätze beachtet werden:

  • In den Hauptgleisen sollen die Weichen entsprechend der Abzweiggeschwindigkeit gewählt werden, die betrieblich erforderlich ist und unter Berücksichtigung der Signalisierung zugelassen werden kann. Dabei muß der bauliche und signaltechnische Aufwand wirtschaftlich vertretbar sein.
  • Weichen mit Schienen S 49 und dem Zweiggleisradius der Grundformen r = 190 m dürfen wegen der fahrdynamisch ungünstigen Spurerweiterung am Weichenanfang in durchgehenden Hauptgleisen, die mit Geschwindigkeiten über 100 km/h befahren werden, nicht eingebaut werden.

Für die Fahrt durch den abzweigenden Strang der Weichen sowie in den Gleisbögen des anschließenden Fahrweges sollen folgende Geschwindigkeiten zugrunde gelegt werden:

  • Bei der Verzweigung von Streckengleisen soll nach Möglichkeit der abzweigende Weichenstrang die Geschwindigkeit im anschließenden Streckenbereich zulassen. Mindestens soll jedoch der abzweigende Strang v = 80 km/h zulassen, wenn die abzweigende Strecke mit dieser Geschwindigkeit befahren wird.
  • In Gleisverbindungen für den Gleiswechselbetrieb sowie bei Fahrwegen, die planmäßig von durchfahrenden Zügen benutzt werden, sollen Fahrgeschwindigkeiten v = 80 km/h bei stark belasteten Strecken möglich sein. In übrigen Fällen nach Möglichkeit v = 80 km/h.
  • Bei Ein- und Ausfahrwegen für haltende Züge in Durchgangsbahnhöfen sollen in Fahrwegen, die häufig von Reisezügen befahren werden, im abzweigenden Strang der Weichen nach Möglichkeit v = 80 km/h gefahren werden können.
    In übrigen Fahrwegen für Reisezüge sowie in Güterzug-Fahrwegen sollte v = 60 km/h möglich sein. Selten benutzte Fahrwege sollten mit v = 40 km/h oder - soweit es möglich ist - mit 50 km/h befahren werden können.
    Dabei sind unterschiedliche Geschwindigkeiten bei der Planung nur dann anzuwenden, wenn diese Geschwindigkeiten dem Fahrweg entsprechend signalisiert werden.
  • In Kopfbahnhöfen sollen Weichen gewählt werden, die im abzweigenden Strang mit 40 km/h oder - soweit möglich - mit v = 50 km/h befahren werden können (der zu erwartende Verschleiß ist zu beachten).
    Weichen dürfen in Einzelfällen für eine höhere Abzweiggeschwindigkeit ausgelegt werden, wenn diese im abzweigenden Strang besonders belastet sind.
  • In Nebengleisen sollen Weichen der Grundform r = 190 m oder 215 m verwendet werden (v = 40 km/h, Ausnahme v = 25 km/h).
  • Weichen sollen als einfache Weichen in der Grundform verwendet werden. Bogenweichen dürfen verwendet werden, wenn damit die Linienführung verbessert werden kann. Weichen in überhöhten Gleisbögen, die zur Bogenaußenseite abzweigen und im abzweigenden Strang häufig von Zügen befahren werden, sollen als Innenbogenweichen gestaltet werden.
    In den übrigen Gleisen sollen Bogenweichen verwendet werden, wenn eine größere Grundform durch eine kleinere ABW ersetzt werden kann. Bogenweiche nach Möglichkeit im Kreisbogen verlegen (bis u = 100 mm).
  • Kreuzungen und Kreuzungsweichen dürfen nur dort eingebaut werden, wo die erforderlichen Fahrwege mit einfachen Weichen nicht hergestellt werden können.
    Bei Neubauten dürfen Kreuzungen und Kreuzungsweichen mit starren Doppelherzstückspitzen (Neigung 1:9 und steiler) nicht in Gleise eingebaut werden, die mit v > 100 km/h befahren werden.
  • Als Schutzweichen sollen nur Weichen mit Zweiggleisradien der Grundform r0=190m bei der Schienenform S 49 und S 54 r0=300m bei der Schienenform UIC 60 und daraus gestalteten ABW verwendet werden.
  • Weichen und Kreuzungen sind nach Möglichkeit so anzuordnen, daß Regelschwellensätze verwendet werden können.
  • In der Regel sind Weichen mit starrem Herzstück zu verwenden. Abweichungen siehe Anlage I/2401 AzObv (DS 820), Auszug aus der DS 800/1.
    Die Entscheidung über den Einbau von Weichen mit beweglichen Herzstücken sowie von Flachkreuzungen in Gleisen, die mit mehr als 160 km/h befahren werden, ist in jedem Einzelfall durch die Zentrale zu treffen.
  • Weiterhin ist zu beachten, daß die Weichenverbindungen in den durchgehenden Hauptgleisen möglichst bei so großen Gleisabständen eingebaut werden, daß ein Einzel-Ein- und Ausbau möglich ist. Weichen können dann ausgewechselt werden, ohne daß die Lage der anderen Weichen (und des Gleises) beeinflußt wird (Maß der durchgehenden Schwellen beachten!).
  • Außerdem sollen wegen der Unterhaltung der Gleise und Weichen UA, UE, BA und RA nicht im Bereich der durchgehenden Schwellen angeordnet werden.
  • In Verteilerzonen der Ablaufanlagen, die nicht von Zügen befahren werden, dürfen Gegenbogen bei Weichen mit Radien bis herab zu r0=190m unmittelbar aneinanderstoßen. Bei Radien bis herab zu r0=190m darf die Zwischengerade bis auf 3,0m veringert werden, wenn an einen Weichenbogen ein Gleisbogen mit entgegengesetzter Krümmung anschließt (Obv 6).
  • Kreuzungsweichen 300-1:9 bei Neubauten nicht mehr vorsehen. Kreuzungen und Kreuzungsweichen sollen in durchgehenden Hauptgleisen vermieden werden. Bei v > 100 km/h dürfen Kreuzungsweichen und Kreuzungen mit starren Doppelherzstücken bei Neubauten nicht eingebaut werden.

Ausblick

  • Schienenformen
  • Schwellenformen
  • Gleisabstände
  • Planungsgrundlagen für Gleise an Drehscheiben
  • Planungsgrundlagen für Gleise an Lokomotivschuppen